Berufe verändern sich – weil Technik Einzug hält, weil die Anforderungen steigen, weil die Aufgaben zunehmen. Das trifft auf alle Berufe zu – auch auf den Bereich der Arbeiterinnen und Arbeiter. Doch die Lohngruppenverzeichnisse, die die Tätigkeiten in den einzelnen Bereichen abbilden sollen, sind über 20 Jahre alt. Viele Berufe, die hier aufgeführt sind, gibt es nicht mehr. In anderen haben sich die Anforderungen gravierend geändert. Ver.di dringt deshalb darauf, dass diese Lohngruppenverzeichnisse überarbeitet und angepasst werden. Da aber Eingruppierungsgrundlagen nach wie vor Ländersache sind, braucht es für jedes Bundesland separate Verhandlungen.
Beispiel Schulhausmeisterinnen und Schulhausmeister: Zwar sind sie auch heute noch erster Ansprechpartner, wenn in der Schule ein Wasserhahn tropft oder der Kopierer streikt. Aber heutige Schulhausmeisterinnen und Schulhausmeister sind meist auch verantwortlich für hochkomplizierte Heizungsanlagen, die digital gesteuert werden – Anlagen, die es vor 20 Jahren noch gar nicht gab. Und sie sollen auch dafür sorgen, dass die Schulräume eine angenehme Temperatur haben und dabei auf Energieeffizienz und Kosten achten. Zudem haben viele von ihnen inzwischen ein eigenes Budget für Kleinreparaturen, mit dem sie haushalten müssen.
Beispiel Baumkontrolle: Die Verantwortung der Kolleginnen und Kollegen in der Baumkontrolle ist in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen. Weil es in den Städten heute deutlich mehr Bäume gibt, weil der Verkehr zugenommen hat, weil oft Exoten die Alleen und Plätze säumen. Der Klimawandel und die vergangenen trockenen Sommer haben zudem dazu beigetragen, dass die Bäume nicht mehr so widerstandsfähig sind.
Ähnlich sieht es in anderen Arbeiterbereichen aus. Doch bisher zeigen sich die öffentlichen Arbeitgeber weitenteils nicht davon überzeugt, dass die Lohngruppenverzeichnisse unbedingt überarbeitet werden müssen. Allenfalls in Nordrhein-Westfalen ist es bisher gelungen, sich nicht nur über die Lohngruppenverzeichnisse auszutauschen, sondern auch darüber die zu verhandeln und sogar zu einem Ergebnis zu kommen. „NRW hat das Niveau gesichert“, stellt Ralf Nix fest, ver.di Bundesfachgruppenleiter Umwelt, Grünflächen, Handwerk und gewerbliche Dienstleistungen. Auch kleine Verbesserungen wurden erreicht – leider wirklich nur sehr kleine Verbesserungen.
Der Grund für dieses nur gerade so akzeptable Ergebnis: Die Arbeitgeber sehen bisher keine Notwendigkeit, die gestiegenen Anforderungen in den Lohngruppenverzeichnissen nachzuzeichnen. Und diese Haltung ist auch in den anderen Bundesländern zu beobachten. Für sie gibt es keinen Fachkräftemangel, dem sie mit einem attraktiven Lohnniveau begegnen müssten. Ver.di dagegen befürchtet, dass – sollten die Arbeitgeber an dieser Sicht festhalten - der öffentliche Dienst für potenzielle Beschäftigte immer unattraktiver wird. Statt das Niveau generell zu heben, sind die Arbeitgeber nur bereit, die Zulagen für bestimmte Städte zu erhöhen. Sie basteln an erhöhten Ballungsraumzulagen, um den höheren Lebenshaltungskosten, zum Beispiel durch Mieten in den Ballungsräumen Rechnung zu tragen. „Das allein kann nicht die Lösung sein“, ist Nix überzeugt. Denn mit einer solchen Zulage wird die unterschiedliche Bezahlung gleicher Arbeit nicht nur zementiert, sondern die Schere geht noch weiter auseinander.
ver.di dringt darauf, dass in allen Bundesländern die Lohngruppenverzeichnisse genau angeschaut werden, Berufe, die es nicht mehr gibt, müssen raus aus den Verzeichnissen und die anderen Berufe der Wirklichkeit angepasst werden. Das sei überfällig, ist ver.di überzeugt.
Lohngruppenverzeichnisse und die Notwendigkeit ihrer Überarbeitung müssen in den Betrieben diskutiert wird. „Viele neue Mitglieder wissen nicht, welche Tragweite diese Lohngruppenverzeichnisse haben“, sagt Nix. Und er fügt hinzu: „Das, was wir jetzt verhandeln, sichert nicht nur die Zukunft der Berufe, sondern auch die Bezahlung und damit die Attraktivität. Wenn wir es nicht erreichen, die Lohngruppenverzeichnisse zu überarbeiten, wird der öffentliche Dienst gegenüber der Wirtschaft noch weiter abgehängt werden.“ Und damit werde es noch schwerer sein, frei werdende Stellen zu besetzen.
Nix weiß auch: ver.di und den Beschäftigten stehen harte Gespräche, harte Verhandlungen bevor. „Wir werden die Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen vor Ort brauchen“ – mit dem gesamten Repertoire, mit dem sie sich hinter die Verhandlungsführer stellen: Infoveranstaltungen zum Beispiel oder Kundgebungen oder andere phantasievolle Aktionen.
Text: Jana Bender/Juli 2019
Bundesfachgruppenleiter Umwelt, Grünflächen, Handwerk und gewerbliche Dienstleistungen / Arbeiter*innen
030/6956-2280
Ralf.Nix@verdi.de