Erziehung und Bildung

Gesamtstrategie Fachkräfte in Kitas und Ganztag

oder: Sind unverbindliche Empfehlungen eine Strategie?
06.06.2024

Das Bundesfamilienministerium hat am 21.05.2024 eine Gesamtstrategie zur Bekämpfung des Fachkräftemangels in Kitas und im Ganztag vorgestellt. Ziel soll es sein, die Situation für Kinder, Eltern und pädagogische Fachkräfte in den Kitas und im Ganztag zu verbessern und neue Fachkräfte zu gewinnen.

Dazu wurde im Februar 2023 eine Arbeitsgruppe „Gesamtstrategie Fachkräfte“ initiiert, unter Federführung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und unter Beteiligung der Länder sowie weiterer Akteur*innen. Die Zivilgesellschaftlichen Akteur*innen, wie auch ver.di, fungierten als Ideengeber*innen. Die Entscheidung, was in das Papier aufgenommen wurde, wurde von den Bund-Länder-Akteur*innen getroffen. Die zivilgesellschaftlichen Akteur*innen bekamen hinterher die Möglichkeit durch eine Stellungnahme ihre Position deutlich zu machen.   

Das Ergebnis des Prozesses ist ein Empfehlungspapier, das ein Sammelsurium an Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel umfasst. Diskutiert und ins Papier aufgenommen wurden folgende Maßnahmen: 

- Berufliche Orientierung:

  • Verbesserung der Informationen zu Zugangsvoraussetzungen und Finanzierungswegen;
  • Verweisberatung stärken und passgenaue Beratungsangebote für die unterschiedlichen Zielgruppen;
  • über das Tätigkeitsfeld Kita hinaus Interesse an und Sichtbarkeit von Bildungs- und Betreuungsangeboten für Kinder im Grundschulalter und allen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe steigern

- Aus- und Weiterbildung:

  • Erstausbildungs- und Weiterbildungskapazitäten bedarfsorientiert ausbauen;
  • Erstausbildungen stärker in den Blick nehmen und vergütete Ausbildungsmodelle anbieten;
  • Einstiegswege auch für Personen ohne mittleren Schulabschluss ausbauen;
  • Aufstiegswege fördern und Durchlässigkeit im System transparent machen;
  • Erstausbildung und Weiterbildung durch gute Rahmenbedingungen stärken: Vergütung in der Erstausbildung und Weiterbildung, Empfehlungen zur Anrechnung von Auszubildenden auf Personalschlüssel, zu Praxisanleitung, Lernortkooperationen, schulgeldfreie Angebote
  • Nutzung der verbesserten Möglichkeiten der Umschulungsförderung

- Potenziale zusätzlicher Berufsgruppen:

  • Modularisierung von Lerninhalten prüfen, um Erstausbildung und Weiterbildung zu flexibilisieren;
  • Digitale Module für eine sinnvolle didaktische Verknüpfung von Präsenz- und Distanzunterricht, um die Erstausbildung und Weiterbildung flexibler zu ermöglichen;
  • Die Beschäftigung von Personen mit ausländischen Abschlüssen verbessern durch Sprachkurse, Musterbescheide, berufsbegleitende Anerkennungs- und Nachqualifizierungsmöglichkeiten, Fast Track für die Zeugnisbewertung;
  • Förderung der Multiprofessionalität und begleitende Qualifizierungsangebote

- Arbeits- und Rahmenbedingungen:

  • Die Einrichtung von vergüteten Funktionsstellen durch die Sozialpartner prüfen;
  • Gesunde Arbeitsbedingungen stärker in den Blick nehmen, Information und Beratung verbessern

Grundsätzlich begrüßen wir die Bemühungen der Bundesregierung, den Fachkräftemangel in den Arbeitsfeldern der Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern zu thematisieren. Besonders die Einbindung verschiedener Akteur*innen in die Strategieentwicklung ist aus ver.di-Sicht der richtige Weg, um wichtige Impulse zur Bewältigung des Fachkräftemangels zu setzen. Leider wurde das Ziel des Koalitionsvertrages in Bezug auf den bundeseinheitlichen Rahmen, verbunden mit der Vergütung der Auszubildenden (jetzt Fachschüler*innen) in den Erziehungsberufen und der generellen Schulgeldfreiheit, nicht erreicht. Auch wurde die wichtige Thematik der Lehrer*innenbildung für die berufliche Bildung Sozialpädagogik nicht in das Papier aufgenommen.  Zentrale Forderungen bleiben weiterhin die Schaffung eines bundeseinheitlichen Rahmens für die Erzieher*innenausbildung und deren flächendeckende Vergütung, der bundesweite Ausbau der Studienplätze für Lehrer*innenbildung, der Ausbau der Berufsfach- und Fachschulen, attraktive Arbeitsbedingungen durch gute Personalschlüssel und die fachlich angemessene Fachkraft-Kind-Relation in den Kitas und im Ganztag.

Statt einer Strategie wurden von Bund und Ländern unverbindliche Empfehlungen vorgelegt! Eine wirkliche Strategie gegen den Fachkräftemangel bedarf konkreter Absprachen, einem abgestimmten Vorgehen mit Zielvereinbarungen und Einzelschritten und vor allem einer finanziellen Hinterlegung, insbesondere von Bundes- und Landesmitteln, die die Durchführung von Maßnahmen ermöglichen. Ein Jahr lang wurde mit vielen Akteur*innen daran gearbeitet. Leider mit mäßigem Erfolg! Schade – Chance vertan!

Hier geht es zur ver.di-Stellungnahme...