Deutschland braucht qualifizierte und professionell handelnde Sprachmittler:innen in allen Bereichen des Lebens. Dolmetscher:innen und Übersetzer:innen sind in jeder Gesellschaft, insbesondere bei Gerichten und Behörden, von großer Bedeutung für eine gelungene Kommunikation frei von Missverständnissen.
Das GDolmG verfolgt den Ansatz, die Beeidigung der für die Justiz tätigen Dolmetscher:innen (mündliche Sprachmittlung) zu harmonisieren. Dieses Ziel ist aus Sicht von ver.di grundsätzlich zu begrüßen, denn die Dolmetschergesetze der Bundesländer haben zum Teil sehr unterschiedliche Inhalte und Erwartungen an die in diesem Beruf Tätigen.
Da Justiz aber in der Kompetenz der Länder liegt, sind diese für die Umsetzung und Anwendung des GDolmG zuständig. In der Praxis wird das GDolmG auf Landesebene äußerst unterschiedlich umgesetzt. Die angestrebte Harmonisierung der Voraussetzungen ist demnach nur sehr eingeschränkt erfolgt. Letztlich ist der schon vorher vorhandene Wildwuchs nun in der Tat noch ein wenig schlimmer geworden.
Die manchmal als Begründung für die Einführung des GDolmG angegebene „schlechte Qualität“ bei Verdolmetschungen bei Gerichtsverhandlungen gab und gibt es wirklich. Das liegt aber nicht an den allgemein beeidigten Dolmetschern, die durchweg qualitativ hochwertig dolmetschen.
Es liegt vielmehr daran, dass Gerichte über ihre Geschäftsstellen teilweise ungeeignete Personen zum Dolmetschen laden, die diesen Beruf nicht erlernt haben, nie Belege für ihre fachliche und persönliche Eignung vorlegen mussten und deswegen nicht allgemein beeidigt sind. Diese Personen werden dann zu Beginn einer Verhandlung vom Richter "ad hoc" vereidigt. Den Gerichten ist es auch mit dem GDolmG weiterhin ohne Einschränkungen gestattet, sogenannte „Ad-hoc-Vereidigungen“ ungeeigneter Personen vorzunehmen. Sie sind es, die immer wieder für Negativschlagzeilen über „schlechte Dolmetscher:innen“ sorgen, nicht die allgemein beeidigten Dolmetscher:innen.
ver.di kritisiert zentrale Regelungen des GDolmG und fordert eine Neufassung vorrangig in folgenden Punkten:
Viele freiberuflich tätige Dolmetscher:innen und Übersetzer:innen sind teilweise bereits seit Jahrzehnten für die (Justiz-)Behörden im Einsatz. Sie haben langjährige Berufspraxis und wurden nach den seinerzeit geltenden gesetzlichen Vorgaben allgemein beeidigt und ermächtigt.
Es kann nicht sein, dass die seinerzeit unbefristet erteilten Beeidigungen und Ermächtigungen rückwirkend für ungültig erklärt und vor allem die erfahrenen Dolmetscher:innen ihre Beeidigungen (und in einigen Bundesländern die Übersetzer:innen ihre Ermächtigungen) nun in einem aufwendigen Verfahren nach den neuen Vorgaben gemäß GDolmG erneut beantragen müssen. Hinzu kommt, dass die Länder hierfür keinerlei Infrastruktur geschaffen haben, über die diese Prüfungen abgelegt werden könnten. Es gibt beispielsweise in Norddeutschland keine staatlichen Prüfungsämter. Auch Angebote für staatlich anerkannte Prüfungen sucht man hier vergebens. Sonderkonditionen für bereits seit vielen Jahren in dem Bereich tätige Personen oder die Anerkennung ihrer Berufserfahrung sind im GDolmG nicht vorgesehen. Das ist untragbar.
Es ist nicht nachvollziehbar, warum einmalig erbrachte und unbefristet gültige Befähigungsnachweise wie Abiturzeugnisse, Universitätsdiplome, Prüfungsurkunden o. ä. alle fünf Jahre erneut vorgelegt werden sollen. Das Ziel einer regelmäßigen Qualitätskontrolle darf nicht zu einer ungerechtfertigten Schlechterbehandlung der Dolmetscher:innen (und in einigen Bundesländern auch Übersetzer:innen) gegenüber anderen Berufsgruppen führen, bei denen die Gültigkeit von Berufsabschlüssen auch nicht befristet ist.
Die Abfrage aktueller Kontaktdaten und der persönlichen Eignung kann problemlos in regelmäßigen Abständen als Verwaltungsakt im Hintergrund erfolgen, ohne dass es einer Befristung der Beeidigung (und in einigen Bundesländern auch der Ermächtigung) bedarf.
Hingegen wäre es sinnvoll, für die Sprachmittler:innen eine Pflicht zur dokumentierten Teilnahme an geeigneten Weiterbildungsmaßnahmen einzuführen, die auch in anderen Berufen (Ärzte, Rechtanwälte usw.) vorgeschrieben ist.
ver.di setzt sich für die Gleichbehandlung aller Personen ein, die als Dolmetscher:innen ausgebildet und anerkannt sind.
Gebärdensprachdolmetscher:innen (GSD) sind keine gesondert zu behandelnde Berufsgruppe. Es widerspricht dem inklusiven Gedanken, dass man sie unter dem Vorwand des GDolmG in den Bundesländern anders und sogar schlechter behandelt, zumal sie bis zur Einführung des GDolmG völlig gleichberechtigt waren.
Das GDolmG sorgt in der derzeit geltenden Fassung für große Unsicherheit unter den beeidigten Dolmetscher:innen (und in einigen Bundesländern auch bei ermächtigten Übersetzer:innen).
ver.di fordert den Bundesgesetzgeber sowie die Verantwortlichen der Länder deshalb nachdrücklich zu einer Neufassung des Gesetzes auf.
PDF | 134 kB
PDF | 52 kB
Gerichte und Staatsanwaltschaften / Richter*innen und Staatsanwält*innen / Justizvollzug / Bundesfinanzverwaltung
030/6956-2135
Christian.Hoffmeister@verdi.de