An allen Ecken und Enden fehlt es an qualifizierten Kolleg*innen. Und dies nicht nur in den öffentlich stärker wahrgenommenen Beschäftigtengruppen der Erzieher*innen oder IT-Fachleute. Auch in den Verwaltungen, dem Rückgrat allen Handelns in der Kommune, fehlt Personal. Die übertragenen Aufgaben wuchsen in den letzten Jahren stetig an, während der Personalbestand schrumpft.
Dass die Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge in der Regel noch gut erledigt werden, liegt vor allem am Einsatz der Beschäftigten. Sie nehmen ihre Aufgaben ernst und haben den Anspruch, gute öffentliche Angebote zu erbringen. Doch in Bauämtern, Wohngeldstellen, Ordnungsämtern und Ausländerbehörden – kurz gesagt: in nahezu allen Verwaltungsbereichen – ist es mittlerweile schwierig, ausreichend geeignete Fachkräfte zu finden. Zu oft müssen Kolleg* innen Aufgaben übernehmen und in der Not einspringen, weil es an Personal fehlt. Wird das zum Dauerzustand in einer Abteilung, steigt die Belastung. Das hat gravierende Auswirkungen. Einige werden krank, andere bewerben sich weg, und die Belastung für die Verbleibenden nimmt weiter zu.
Welche Aufgaben werden Kommunen nicht mehr erledigen können? Diese Frage wird mit den bevorstehenden Berentungen und Pensionierungen immer drängender. Gut ein Drittel der heutigen Kolleg*innen scheidet bis 2030 aus dem Berufsleben aus. Sind heute etwa vier bis sieben Prozent der Stellen unbesetzt, gehen Schätzungen davon aus, dass dies auf 16 Prozent anwächst. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Verdi fordert, die Kolleg*innen mit dem Aufrechterhalten der öffentlichen Dienste und Aufgaben nicht allein zu lassen. Die kommunale Daseinsvorsorge muss gesichert und mit Personal ausgestattet werden. Ansatzpunkte dafür gibt es genug.
Die kommunalen Arbeitgeber müssen sich sehr ins Zeug legen. Attraktive Bezahlung, gute Ausstattung der Arbeitsplätze, Qualifizierungsmöglichkeiten und Arbeitsformen, die eine ausgeglichene Work-Life-Balance ermöglichen: Das sind die Voraussetzungen dafür, als Arbeitgeber in die engere Wahl zu kommen. Ja, als Arbeitgeber. Am aktuellen und zukünftigen Arbeitsmarkt konkurrieren einzelne Kommunen untereinander und mit anderen Arbeitgebern – öffentlichen wie privaten – um Bewerber* innen.
Bei den Einkommen hat der öffentliche Dienst im Vergleich zur Privatwirtschaft weiter Nachholbedarf. Außerhalb von Tarifrunden ist eine wichtige Stellschraube die Eingruppierung. Die Möglichkeiten können und sollten nach oben ausgeschöpft werden. Das kann im Wettbewerb um Personal die Gehalts-Differenz zu privaten Arbeitgebern schon abmildern. Wenn die kommunalen Arbeitgeber hier einheitlich vorgehen, können sie die Konkurrenz untereinander zwar nicht auflösen, aber die Situation zumindest entschärfen. Doch oft ist das Gegenteil der Fall. Es wird zu niedrig eingruppiert, und die Kolleg*innen müssen die korrekte Eingruppierung erst durchsetzen. Das schafft Frust. Statt bei Höhergruppierung (oder für eine höhere Einstiegsstufe) auf die berufliche Erfahrung zu schauen, spielt aktuell die Zahl von Weisungsbefugten eine größere Rolle.
Wir müssen qualifizierte Kolleg*innen entwickeln, gewinnen und binden: Gutes Personal fällt nicht vom Himmel. Qualifizierung und Weiterbildung müssen ausgebaut und mit den Bedarfen der Beschäftigten in Einklang gebracht werden. Wir brauchen mehr und zukunftsweisende Ausbildung. Anstrengungen für gute Ausbildungsgänge sind nötig, um die anstehenden Zukunftsaufgaben wie Digitalisierung und Klimawandel bewältigen zu können und die Daseinsvorsorge weiterzuentwickeln.
Gute Ausbildung schafft Voraussetzungen dafür, dass neue Kolleg*innen ihre Arbeit gut erledigen können und sie wissen, was zu tun ist. Der dafür nötige zeitliche Aufwand der Ausbilder*innen und Praxisanleiter*innen erhöht oft den Zeitdruck in der täglichen Arbeit. Diese Leistung muss besser anerkannt werden, etwa durch eine Zulage. Hierfür sind entsprechende Zeitanteile in den Tätigkeitsbeschreibungen zu verankern.
So kann und muss das Ausbilden in die reguläre Arbeitszeitplanung aufgenommen werden. Das Angebot an Aufstiegsfortbildungen ist auszubauen. Bereits erworbene fachliche Fähigkeiten müssen anerkannt werden – und dazu gehören auch nicht-akademische Qualifikationen. Quereinstiege können Personalbedarfe abfedern und dürfen nicht durch bürokratische Hürden erschwert werden. Hier sollten Arbeitgeber entsprechende Qualifizierungsangebote machen. Training on the job kann vielfach die bessere Lösung sein als etwa in einer beamtenrechtlichen Laufbahnausbildung ganz von vorne beginnen zu müssen. Allerdings muss man dabei auch das angestammte Personal im Blick behalten. Zum einen sollte es anerkannt werden, dass sie die Neuen einarbeiten. Zum anderen sollte es zu keiner Schieflage bei den Eingruppierungen kommen: Auch die vorhandenen Beschäftigten brauchen eine Perspektive auf Aufstieg und höhere Eingruppierung.
Kommunen können die eigenen Weiterbildungsangebote mit Blick auf die gesellschaftlichen Zukunftsaufgaben ausbauen. Die Aus- und Weiterbildung für die eigenen Bedarfe ist ein wichtiges Instrument der Personalgewinnung. Dazu müssen die kommunalen Studieninstitute weiter ausgebaut werden. So sie nicht in (Mit-)Trägerschaft der Kommunen sind, haben Kreise, Städte und Gemeinden immerhin beim Programm Einflussmöglichkeiten.
Haltearbeit ist eine Aufgabe, die kommunale Arbeitgeber stärker beachten müssen. Zu den Rahmenbedingungen guter Arbeit gehört es auch, den Arbeits- und Gesundheitsschutz auszubauen, zeitgemäße Arbeitsformen zu entwickeln, alternsgerechte Arbeitsbedingungen und Karrieremöglichkeiten zu eröffnen. Die unter den Bedingungen des Personalmangels arbeitenden Kolleg*innen müssen ihre Arbeit noch bis zur Rente oder Pensionierung gesund erledigen können. Die Arbeitgeber sind hier in der Pflicht, Bedingungen zu schaffen, die dies ermöglichen. Entlastung könnten gute digitale Prozesse und Verfahren erbringen. Daran sind mit Beginn der Planungsphase die Beschäftigten zu beteiligen.
In Veränderungsprozessen braucht es echte Partizipationsmöglichkeiten für Beschäftigte. Zu oft schauen Führungskräfte auf Mitbestimmung, Rechte und Ansprüche der Beschäftigten nicht als Elemente demokratischer Teilhabe erwachsener Menschen, sondern als Bremsklötze und Prozessrisiko. Mit dieser Haltung wird nicht nur die Chance vertan, dass das Wissen der Beschäftigten zu besseren Ergebnissen führen kann. Sie gefährdet oft den gesamten Arbeits- und Veränderungsprozess. Kommunale Politik kann und muss die Weichen für mehr Personal in Kreisen, Städten und Gemeinden stellen und die Initiative ergreifen. Als gewerkschaftliche Interessenvertretung will die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di diese dringend notwendige Offensive für einen attraktiven öffentlichen Dienst, für gute Arbeit in den Kommunen mit anstoßen, begleiten und mitgestalten.
Bundesfachgruppenleiterin Kommunalverwaltung
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