Der TIC-Branche (Testing-Inspection-Certification) stehen im kommenden Jahr einige Tarifrunden bevor. Die Tarifkommissionen der großen TÜV-Unternehmen planen zurzeit die Ausgestaltung der Tarifrunden. Mit einem gemeinsamen Workshop in Göttingen haben etwa 30 Teilnehmer*innen aus vier Konzernen nun erstmals den Austausch zwischen den Tarifkommissionen und Aktiven aufgenommen.
Eine Branche in Veränderung
Die TIC-Branche in Deutschland spielt eine zentrale Rolle in der Sicherstellung von Qualität und Sicherheit in verschiedenen Industrien und hat sich in den letzten Jahren dynamisch entwickelt. Die wesentlichen Geschäftsbereiche sind dabei vielfältiger, als die Abkürzung TIC vermuten lässt:
Die Branche ist auf einem anhaltenden Wachstumskurs. Vor der COVID-19-Pandemie verzeichnete die TIC-Branche ein jährliches Wachstum von 4 bis 5 Prozent. Während das Wachstum lediglich in 2020 stagnierte, entwickelten sich Umsatz und Gewinne in den letzten drei Jahren über das vorpandemische Niveau auf ein Umsatzwachstum von zuletzt über 9 Prozent bei den großen TÜV-Konzernen und 8 Prozent bei der DEKRA.
Wirtschaftsberatungen und Analyst*innen sehen die Branchen in Deutschland und weltweit im Aufwind und prognostizieren mittel- bis langfristiges Wachstum. Die Wirtschaftsberatung E&Y sieht „fünf globale Megatrends“ mit denen die Branche in Zukunft prosperieren wird:
Ausgangslage der Tarifrunden
Wo stehen wir nun, wenige Monate vor dem TIC-Tarifjahr 2025? Die Ausgangslage ist geprägt auf der einen Seite von einer guten (prognostizierten) Branchenentwicklung und zugleich einer Entwicklung der Arbeitsbedingungen, die von diesem Wachstum entkoppelt ist. In allen TÜV-Konzernen kam es in den vergangenen Jahren der hohen Inflation (wie auch in vielen anderen Branchen) zu Reallohnverlusten. In den letzten Tarifabschlüssen konnte diese Entwicklung jedoch umgekehrt werden, sollte es bei der für 2024 prognostizierten Inflationsentwicklung von 2 bis 2,2 Prozent bleiben. Aus tariflicher Sicht kann dies der Wendepunkt sein, ab dem die nachholende Tarifentwicklung einsetzt, um nicht nur die Verluste der Krisenjahre auszugleichen, sondern auch den Anteil der Beschäftigten an der guten Entwicklung der Konzerne durchzusetzen. Dass dies kein Selbstläufer ist, haben die zurückliegenden Tarifrunden und die Entwicklung in den Konzernen gezeigt. Beispielhaft dafür stehen zwei Trends: Insbesondere in der Tarifrunde „TÜV Bund“ 2023 wurde deutlich, dass den Beschäftigten ein rauer Wind seitens der Geschäftsführung entgegenweht. Gegen erfolgreiche Streikmobilisierungen ging das Unternehmen gerichtlich vor (siehe die besonderen report 01/24). Zugleich sind die Konzerne bemüht, in den internen Veränderungsprozessen wachsende tariffreie Zonen zu schaffen. Die Zukäufe in den wachsenden Geschäftsbereichen bleiben oftmals außerhalb der Tarifbindung.
Aber es gibt auch die andere Seite: In allen Tarifrunden wurden zuletzt die Belegschaften verstärkt mit in die Diskussion um Forderungen und das Vorgehen in den Tarifrunden eingebunden oder es gab sogar öffentliche Aktionen und gelungene Streikmobilisierungen. Das ist eine neue Enzwicklung in der Branche und gibt den Tarifkommissionen den nötigen Rückenwind, um die Forderungen der Mitglieder in den Verhandlungen durchzusetzen.
Tarifarbeit auf dem Prüfstand
Vor diesem Hintergrund haben sich Mitte September Tarifkommissionsmitglieder, aktive Gewerkschafter*innen und Betriebsrät*innen der TIC-Unternehmen sowie die hauptamtlichen Konzernbetreuer*innen und Verhandlungsführer*innen in Göttingen zur zweitägigen Tarifwerkstatt getroffen. Mit dabei waren neben TÜV Süd, TÜV Rheinland, TÜV Nord, TÜV Hessen auch die SGS Germany, die sich vor einigen Monaten auf den Weg gemacht hat, einen ver.di-Tarifvertrag zu erreichen. Die Werkstatt war der Auftakt zur engeren Abstimmung und gemeinsamen Planung der anstehenden Tarifrunden. Was lief gut in der Vergangenheit und was ist aus gewerkschaftlicher Sicht zu beanstanden? Entlang der best practice-Beispiele und der selbst zusammengestellten Mängelliste machen wir uns nun in den jeweiligen Tarifkommissionen auf den Weg, die Tarifrunden in enger Abstimmung weiter zu planen und schon bald die ersten Schritte gemeinsam zu gehen.
Den Auftakt für das TIC-Tarifjahr 2025 macht der TÜV Rheinland Kraftfahrt, dessen Tarifvertrag am 31. März endet. Es folgen die Tarifverträge TÜV Bund (TÜV Nord, TÜV Hessen und GRS) und TÜV SÜD am 30. Juni und Ende des Jahres geht die Tarifrunde TÜV Rheinland TIS TWP TREE in die heiße Phase, wenn der Tarifvertrag am 31. Dezember ausläuft.
Das gemeinsame Treffen hat gezeigt, dass wir im Austausch und in der Abstimmung untereinander die Möglichkeit haben, uns zu unterstützen, gemeinsam stärker aufzutreten und dass wir die begonnene Vernetzung in den Tarifrunden und danach weiterführen werden.