Liebe Kolleginnen und Kollegen,
dass die Beschäftigten der Maritimen Wirtschaft in der bisherigen Pandemiezeit Herausragendes geleitstet haben, ist unbestritten. Sogar die Bundeskanzlerin hat auf der 12. Nationalen Maritimen Konferenz (NMK) den Seeleuten für ihr Durchhaltevermögen persönlich gedankt. Man könnte meinen, dass sich diesen schönen Worten auch handfeste Taten anschließen, doch Fehlanzeige.
Die Bundeskanzlerin, der Bundesverkehrsminister, der Präsident des Deutschen Reederverbandes, alle sind sich einig: Seeleute sind systemrelevant. Sie sind in der Corona-Pandemie über die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit hinausgegangen, um globale Lieferketten aufrecht und die Weltwirtschaft am Laufen zu halten. Wir alle haben davon profitiert, mussten zeitweise mit leeren Regalen leben, aber sind doch stets nach getaner Arbeit zu unseren Familien heimgekehrt und konnten jederzeit zum Arzt gehen. Nun wurde im letzten Jahr viel über Sklaverei ähnliche Verhältnisse an Bord von Seeschiffen zur Pandemiezeit berichtet. Die Nationale Maritime Konferenz hätte es in der Hand gehabt, hier ein Zeichen zu setzen, aber es blieb bei vagen Versprechungen. Stattdessen wird in gewohnter Weise weiter verfahren, Reedersubventionen sollen ausgebaut werden, ohne verbindliche Gegenleistung zur Sicherung von Ausbildung und Beschäftigung.
Der Beschluss der 10. NMK, dass Ladungssicherungsarbeiten von Hafenbeschäftigten durchgeführt werden sollen, wurde bis heute nicht umgesetzt. Es hätte die Chance gegeben, die coronabedingte Krise als Chance für einen Neustart der Branche zu nutzen. Von einer solchen Wende ist jedoch bisher nichts zu spüren. Doch die maritimen Beschäftigten erwarten mehr! Warme Worte füllen keine Kühlschränke, zahlen keine Miete. Die Frachtraten erreichen nie gesehene Höhen; da haben die Seeleute mehr als das mickrige eine Prozent durchschnittliche jährliche Heuererhöhung verdient, das ihnen bei den internationalen Verhandlungen zum Mindestlohn der Seefahrer angeboten wurde. Und auch die Hafenbeschäftigten verdienen eine angemessene Anerkennung für ihre geleistete Arbeit.
Eines wurde auf der 12. NMK sehr deutlich: Die fortschreitende Digitalisierung und Automatisierung sowie der Umgang mit ihren Folgen gehören zu den größten sozialen, wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen unseres Jahrhunderts. Arbeitnehmer*innen und ihre Gewerkschaft müssen diese Herausforderungen selbstbewusst annehmen, müssen den Prozess proaktiv mitgestalten und steuern. Das ist der einzige Weg, um faire und sichere Beschäftigung für unsere Kolleg*innen in der maritimen Wirtschaft zu erhalten. Die Coronapandemie hat das Rad der Veränderung noch einmal angetrieben. Manche sind der schönen neuen Welt mit Homeoffice und virtuellen Sitzungen schon wieder überdrüssig und doch werden wir die Veränderungen nicht aufhalten. Aber wir können, nein, wir müssen sie gestalten. „Digital muss Sozial“ heißt die Devise und echte Beteiligung der Beschäftigten an betrieblichen Veränderungsprozessen ist der Weg.
Mit kollegialen Grüßen
Maya Schwiegershausen-Güth
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