Publikation

Waterfront 03/2021

15.10.2021

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

versandkostenfrei ab 30 Euro Bestellwert – heißt es nicht, die besten Dinge im Leben seien kostenfrei!? Aber Transport ist es nicht. Dennoch benehmen sich manche Akteure in der Lieferkette genauso. Insbesondere im Schleppschiffmarkt hat der Wettbewerb mittlerweile ruinöse Züge angenommen. Unter Umgehung nationaler Tarifstandards werden dort Raten feilgeboten, die nicht auskömmlich sind, weder um die Beschäftigten tarifkonform zu entlohnen noch um nachhaltige bzw. umweltgerechte Investitionen vorzunehmen. Wir zeigen Sozialdumping die rote Karte und fordern, soziale Standards in Ausschreibungsverfahren verbindlich zu verankern. Der Wettbewerb darf nicht auf Kosten der Beschäftigten geführt werden! Die Kolleg*innen an Bord und an Land leisten außerordentliche Arbeit. Sie haben eine faire, tarifliche Bezahlung verdient.

Ein günstiges Tablet kostet in Europa ca. 200 Euro. Von diesem Preis werden für den Transport über den Globus gerade einmal neun Cent aufgewendet und nur ein Cent pro Tablet reicht bereits aus, um faire Löhne an Bord zu ermöglichen. „Fair Transport“ heißt die europäische Kampagne, die gute Arbeitsbedingungen im Transportbereich fördern will. Denn Transport gibt es nicht zum Nulltarif! Gerade angesichts der noch immer hohen Containerfrachtraten sollte man meinen, dass bei denjenigen, die die Container über die Weltmeere transportieren, genug Geld vorhanden ist, auch die Akteure der angeschlossenen Transportprozesse davon profitieren zu lassen. Stattdessen aber gehen die großen Containerreedereien auf Einkaufstour und versuchen, ihren Einfluss im Markt und auf die maritimen Lieferketten weiter auszubauen. Je nach Strategie stehen dabei Transport, Logistikunternehmen, Terminals und/oder neue Schiffe
aller Größen auf dem Zettel. Der Druck auf die Beschäftigungsbedingungen derjenigen Kolleg*innen an Bord und an Land, die als Teil der Lieferketten den Warenverkehr mit ihrer Hände Arbeit aufrecht erhalten, steigt.

Günstiger, schneller und qualitativer sollen die Leistungen werden, zahlen sollen bitte andere. Beispielsweise die Steuerzahlenden: Dies zementiert das jüngst verlängerte Maßnahmenpaket zur Förderung  der deutschen Seeschifffahrt für weitere sechs Jahre. Die Ausbildungszahlen in der deutschen Seeschifffahrt sinken kontinuierlich, das maritime Knowhow in Deutschand ist in akuter Gefahr. Grund genug für uns, zu fordern, dass die Verlängerung des Subventionspaketes an verbindliche Vorgaben zu knüpfen ist, Ausbildung und Beschäftigung zu steigern. Im Verkehrsministerium wurde anders entschieden. „Geschichte wiederholt sich immer zweimal – das erste Mal als Tragödie, das zweite Mal als Farce“, sprach einst Karl Marx. Weder den Seeleuten noch den Hafenkolleg*innen wird zum Lachen zumute sein, wenn die fortschreitende Schiffsgrößenentwicklung wieder zu Überkapazitäten an Bord führt, wenn Frachtraten unter Druck geraten, der Markt sich auf kritischem Niveau konsolidiert und die Kontrolle der maritimen Lieferketten in immer weniger Händen liegt. Das schwächste Glied in der Kette sind immer die Beschäftigten. Sie brauchen Schutz. Ihre Interessen gehören in den Fokus; sie sind unsere Triebfeder. Also heißt es: Ärmel hochkrempeln und ran an die Gestaltung der „schönen neuen Arbeitswelt“. Für gute Arbeitsbedingungen und sichere Arbeitsplätze! Die Zukunft gibt es nicht geschenkt und wer nicht kämpft, der hat schon verloren!

Mit kollegialen Grüßen
Maya Schwiegershausen-Güth 

 

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Hinweis

Ältere Ausgaben der Waterfront können über den Fachbereich Öffentliche und private Dienstleistungen, Sozialversicherung und Verkehr in der ver­.­di Bun­des­ver­wal­tung bezogen werden. Kontakt: kommunikation.fb-b.buv@verdi.de