Liebe Kolleginnen und Kollegen,
„Nie wieder Krieg!“ – so lautet einer der Grundsätze, auf den sich die Europäische Gemeinschaft gründet. Eine Maxime, die infolge nationalistischer, sich radikalisierender Bewegungen in vielen Ländern wackelt; ein Traum vom Frieden, der nun in der Ukraine von Putin zerstört wurde. Leidtragende ist zuvorderst die Zivilbevölkerung. Gezielte Angriffe auf Infrastruktureinrichtungen, insbesondere auch auf Häfen, verdeutlichen deren herausgehobene Bedeutung. Damit sind nach der Pandemie, welche im dritten Jahr noch immer nicht vorüber ist, abermals Seeleute und Hafenarbeiter besonders betroffen.
Besonders schlimm ist die Lage für diejenigen Schiffe und Mannschaften, die im Schwarzen Meer unterwegs sind oder in ukrainischen Häfen liegen. Sie sind der Gefahr des Beschusses ausgesetzt oder können – bedingt durch einen Mangel an Schleppern – nicht auslaufen. Im Übrigen ein weiterer Beweis für die Unerlässlichkei zuverlässiger Schleppdienstleistungen für eine funktionsfähige Seeschifffahrt! Ukrainische und russische Seeleute können aufgrund von Visabeschränkungen nicht an Land gehen oder gar abmustern und nach Hause gelangen.
Weltweit stellen diese Nationen etwa 14 Prozent der Gesamtbeschäftigten in der Seefahrt. In Deutschland bilden sie nach den philippinischen Seeleuten an Bord die stärksten Nationalitäten. Nun sehen sich diese Seeleute, die zur Aufrechterhaltung von Lieferketten systemrelevant sind, mit Ungewissheit, Unsicherheit und – im Falle von gemischten Crews – Spannungen an Bord konfrontiert. Wie kommen sie nach Hause? Kommen sie überhaupt nach Hause? Flugräume sind gesperrt, Straßen überfüllt. Ist es ihnen alternativ möglich, in der EU zu verbleiben? Obendrein erschwert der auf den Schiffen oft mangelnde Zugang zu bezahlbarenKommunikationsmöglichkeiten das Leben der Seeleute. Viele wissen nicht, wie es ihren Angehörigen zuhause geht, händeringend suchen sie nach Informationen. Die psychische Belastung wächst mit jedem Kriegstag. Für uns ist es selbstverständlich, zum Telefon zu greifen, um mit der Familie oder mit Freunden zu sprechen. Davon können viele Seeleute nur träumen. Reedereien müssen den Seeleuten solche Kontakte ermöglichen – am besten kostenfrei. Kommunikation ist ein Grundrecht!
Nach über zwei Jahren Corona-Pandemie hofften wir, allmählich zur Normalität zurückkehren zu können. Für die vom Krieg und den Sanktionsfolgen betroffenen Seeleute ist diese Hoffnung mit dem Angriff Putins in weite Ferne gerückt. „Das Schicksal des Menschen ist der Mensch“, sagte einst Bertold Brecht. Und so ist es jetzt an uns, zu entscheiden, in was für einer Welt wir leben wollen. Es gilt, unsere Werte zu verteidigen. Es gilt, zusammenzustehen für Freiheit und Demokratie in Europa und darüber hinaus. Solidarität ist einmal mehr das Gebot der Stunde. Wir brauchen Investitionen in Menschen und Arbeitsplätze, in Frieden und Stabilität. Und nicht in Konflikte und Krieg.
Mit kollegialen Grüßen
Maya Schwiegershausen-Güth
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