Publikation

Waterfront 03/2022

17.11.2022

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

bei unserem 5. Maritime Round Table haben wir uns mit der Zukunft der Maritimen Wirtschaft in Deutschland und der Rolle des Schifffahrtsstandortes Deutschland beschäftigt. Eines ist dabei aus ver.di-Sicht klar: Eine zukunftsfähige Schifffahrtspolitik muss eine Antwort auf die drastisch gesunkenen Zahlen deutscher Seeleute und den niedrigsten Ausbildungsstand seit jeher geben. Dabei ist das Berufsbild des Seemanns eigentlich attraktiv, auch wenn sich aufgrund von Digitalisierung und Automatisierung die beruflichen Tätigkeiten mehr an Land verlagern. Und doch fehlt es an Nachwuchs, auch weil die Branche mit ihren Arbeitsbedingen weniger attraktiv ist als andere Berufe. Der alte Glanz der Seefahrerromantik ist nicht zuletzt in der Coronapandemie verloren gegangen, deshalb ist es vornehmlich Aufgabe der Unternehmen, hier umzusteuern und attraktive Arbeitsund Einkommensbedingungen zu schaffen. Doch dies allein wird nicht reichen, um die Trendwende einzuleiten.

Wir brauchen einen echten Maritimen Zukunftsplan, der seemännische Ausbildung und die erforderliche Beschäftigung wieder in ein gesundes Verhältnis setzt. Ohne massive Veränderungen an der aktuellen Schifffahrtspolitik werden in absehbarer Zukunft auch die Schifffahrtsschulen sterben, was auch Auswirkungen auf die Landbetriebe des Maritimen Clusters sowie auf die nautisch-technischen Dienstleistungen wie Schlepper und Lotsen haben wird. Die Häfen gehören zur kritischen Infrastruktur, das hat die Diskussion um die Beteiligung von COSCO am Containerterminal Tollerort im Hamburger Hafen deutlich gemacht. Wenn aber die maritime Wirtschaft, ihre See- und Binnenhäfen, ihre See- und Binnenschifffahrt tatsächlich diese Relevanz für Deutschland besitzt, dann muss sie auch entsprechend geschützt und gefördert werden. Dann müssen Seehäfen in ihrer sozialen und ökologischen Transformation so unterstützt werden, dass sie im Wettbewerb mit Konkurrenzhäfen bestehen können. Und: Ein erfolgreicher Hafen braucht heute und in Zukunft gut qualifizierte Beschäftigte. Deshalb gilt es, Veränderungsprozesse gemeinsam mit den Beschäftigten und nicht gegen sie zu entwickeln. Eine zukunftsfähige maritime Politik in Deutschland braucht eine klare gemeinsame Linie und koordiniertes, strategisches Handeln statt föderalem Verantwortungs-Ping-Pong.

Viele Grüße
Christine Behle

 

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