Publikation

Waterfront 02/2024

09.12.2024

Liebe Kolleg*innen,

Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts – diese alte Weisheit ist auch für die Gewerkschaften eine Leitlinie ihres Handelns. Vielleicht war diese Devise nie so lebenswichtig für uns alle wie heute. Die Zahl der Kriege, Krisen und Konflikte nimmt weltweit immer weiter zu, viele zunächst regional beschränkte Auseinandersetzungen drohen zu internationalen oder gar globalen Katastrophen zu eskalieren. Die Zahl der Getöteten geht in die Hunderttausende, Millionen Menschen sind auf der Flucht.

Auch als Maritime Wirtschaft spüren wir die Folgen. Schiffe im Roten Meer werden mit Raketen angegriffen, Seeleute als Geiseln genommen – eine Konsequenz des seit Jahren anhaltenden Bürgerkrieges im Jemen, der eng mit der dramatisch eskalierenden Situation in Nahost verknüpft ist. In der Ukraine werden Häfen zum Ziel von Bombenangriffen und zerstört. Vor dem Horn von Afrika haben Piratenüberfälle zuletzt wieder zugenommen, und auch in Ostasien drohen Territorialkonflikte zu eskalieren. Leidtragende sind die Beschäftigten, deren Leben und auch Zukunft auf dem Spiel stehen.

Die Antwort auf diese und andere Kriege und Krisen kann in unseren Augen nicht immer mehr Militär, immer mehr Aufrüstung, immer mehr Mobilmachung sein. Wir brauchen einen grundsätzlichen Kurswechsel in der internationalen Politik. Als Gewerkschaft lehnen wir eine Militarisierung der zivilen Handelswege ab. Kriegsschiffe auch der Bundesmarine im Roten Meer bieten keinen wirklichen Schutz vor Überfällen, aber sie verwischen die Grenze zwischen der Handelsschifffahrt und militärischen Interventionen und können so auch Seeleute auf deutschen Schiffen zum Ziel von Angriffen machen. Muskelspiele wie die demonstrative Durchfahrt der deutschen Fregatte „Baden-Württemberg“ durch die Taiwan-Straße Mitte September sorgen nicht für Entspannung, sondern können die Lage noch weiter verschärfen.

Der 6. ver.di-Bundeskongress im vergangenen Jahr hat unsere Position noch einmal bekräftigt: „Besonders besorgniserregend ist, dass nicht nur laufende Kriege und Konflikte in den letzten Jahren nicht oder kaum weniger geworden sind, sondern dass auch geopolitische Spannungen zwischen Weltregionen zugenommen haben und eine Rückkehr des Denkens in Machtblöcken zu beobachten ist. […] Die Herausforderungen, vor denen die Menschheit als Ganzes in diesen Tagen steht, lassen sich jedoch nur gemeinsam, mit intensiverer Kooperation bewältigen.“

Daran hat sich nichts geändert. Erst im Oktober waren wir als ver.di Maritime Wirtschaft auf dem Weltkongress der Internationalen Transportarbeiter-Föderation (ITF)
in Marrakesch gemeinsam mit Gewerkschafter* innen aus 300 Ländern vertreten. Das Ringen um den Frieden stand im Mittelpunkt der Debatten, denn viele der teilnehmenden Kolleg*innen stammten selbst aus Kriegs- und Krisengebieten. Unter Berufung auf die in der Satzung und politischen Richtlinien der ITF verankerten Grundsätze des Friedens, der Gerechtigkeit, der Chancengleichheit, des Antiimperialismus, der Verteidigung von Demokratie und Freiheit und der Bekämpfung von Kolonialismus, Imperialismus, Totalitarismus und Aggression in allen ihren Formen brachten die Teilnehmer*innen mehrere Entschließungsanträge »Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts.« ein, die von den Delegierten mit großer Mehrheit verabschiedet wurden. Der Kollege David Gobé von der französischen CGT sagte in seinem Diskussionsbeitrag dazu: „Beschäftigte sind immer die ersten Opfer von Kriegen und der durch sie verursachten Armut. Not und Arbeitslosigkeit entfachen Konflikte. Sie zu beseitigen, ist deshalb eine Voraussetzung für Frieden.“

In diesem Sinne braucht es dringend intensivere Bemühungen Deutschlands und der internationalen Staatengemeinschaft, um allgemeine und weltweite kontrollierte Abrüstung. Es stünde unserem Land gut an, zu einer zivilen Friedenspolitik zurückzukehren, mit diplomatischen Mitteln für Entspannung zu wirken und einen Beitrag zur Beendigung der Kriege zu leisten. Davon ist bisher leider nur wenig zu sehen und zu hören.

Mit kollegialen Grüßen

Maren Ulbrich
ver.di-Branchenleiterin Maritime Wirtschaft

 

Downloads

Kontakt

  • Dennis Dacke

    Bun­des­fach­grup­pen­lei­ter Luft­ver­kehr und Ma­ri­ti­me Wirt­schaft | Head of Air­crew Al­lian­ce

    030/6956-2609

Hinweis

Ältere Ausgaben der Waterfront können über den Fachbereich Öffentliche und private Dienstleistungen, Sozialversicherung und Verkehr in der ver­.­di Bun­des­ver­wal­tung bezogen werden. Kontakt: kommunikation.fb-b.buv@verdi.de